Folkwang Finale

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Folkwang Finale – ein Schelm, wer dabei an das Ende der Fotografie denkt oder schlimmer noch das Ganze als „das Letzte“ bezeichnen würde. Hier handelt es sich um die Ausstellung der Abschlussarbeiten der Studierenden, die ihr Studium im Fachbereich Gestaltung an der Folkwang Universität im Jahr 2018 beendet haben. Dabei kann ein Abschluss im Bachelor- oder Masterstudiengang gemeint sein. Meine Eindrücke vom Besuch der Ausstellung beziehen sich allein auf den Bereich Fotografie.

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Nachdem ich vom Fahrstuhl in die erste Etage des SAANA-Gebäudes auf dem neuen Campus der Folkwang Universität auf der Zeche Zollverein getreten war, blickte ich auf die obige Einführungstafel zur Ausstellung. Gleich fiel mir auf, dass das Folkwang-Alphabet, das zur Auflistung der Teilnehmenden verwendet wurde, nicht unserem Standard einer Auflistung von A – Z entspricht. Meine Hoffnung, dass es sich hier um einen kleine, zu übersehende Irritation handele, sollte sich leider nicht bestätigen.

Die Zeitung

Auf dem Boden vor der Ankündigungstafel lag ein Stapel Zeitungen, die den Titel „Folkwang Finale 2018“ trugen. Diese entpuppten sich als eine Art Ausstellungskatalog mit einem Umfang von 24 Seiten und wurden von den beiden Personen, die die Ausstellung betreut hatten, Prof. Gisela Bullacher und Christoph Dorsz, redaktionell geführt. Abgesehen davon, dass ein Zeitungsdruck ungefähr das schlechteste Medium ist, um Fotografie zu präsentieren, so bot die Zeitung doch einen guten Überblick über die ausgestellten Exponate. Im Hinblick auf die Ausstellung förderte sie sogar Informationen zu Tage, die die angehenden Künstler mit ihren Arbeiten nur selten zu übermitteln in der Lage waren. Aber eine über die Arbeiten der Lernenden hinausgehende Begleitung sollte man von einer Professorin ja auch erwarten können.

Die Ausstellung

Ausstellungsfläche, vorhandenes Licht und die Standorte der Arbeiten der einzelnen Künstler auch im Kontext zueinander waren gut ausgewählt. Die Hängung auf grauen Stellwänden ermöglicht immer eine farblich neutrale Auseinandersetzung mit der Arbeit und geht auf Empfehlungen von Ansel Adams zurück. Wer häufiger Fotoausstellungen besucht, wird feststellen, dass sich diese Präsentationsform deutlich von anders gestalteten Hintergründen abhebt. Auch die gesamte Nutzung in den großen Räumen des SAANA-Gebäudes mit den vielen freien Flächen ließ eine tiefergehende Auseinandersetzung mit den Arbeiten der Künstler zu.

Die Arbeiten

Leider boten viele Arbeiten nicht den Anlass, sich tiefer mit ihnen auseinanderzusetzen. Ich empfand einen Großteil der Fotografien als altbacken, einfallslos, wenig inspirierend und teilweise auch technisch schlecht wiedergegeben. Eine Fotografie wird nicht besser, wenn man sie projiziert oder entsättigt. Wenn zu allem Überfluss eine vom Künstler beabsichtigte Wirkung erst eintritt, nachdem die Worte des Katalogs eine Erklärung abgeben, dann ist das Ziel meiner Meinung nach verfehlt. Die Frage nach dem Ziel lässt sich jedoch einfach beantworten. Sie liegt in der Definition der Bachelor- und Masterstudiengänge. In der Bachelorarbeit soll der Studierende zeigen, dass er ein Thema eigenständig und auf wissenschaftlicher Grundlage bearbeiten kann. In der Masterarbeit zeigt der Studierende, dass er ein fachspezifisches Problem mit wissenschaftlichen Methoden innerhalb einer vorgegebenen Frist bearbeiten kann. Vereinfacht gesagt handelt der Bachelor schwerpunktmäßig eigenständig mit wissenschaftlichem Grundlagenwissen und der Master geht fachspezifisch weiter in die Tiefe. Vergleicht man die Arbeiten der Bachelor- und Masterstudiengänge, sind kaum Unterschiede in der Auseinandersetzung mit der jeweiligen Thematik zu erkennen. Dies kann von einer indifferenten Bearbeitung oder dem Einheitsbrei in den Studiengängen, der wenig Raum für persönliche Entfaltung zulässt, abhängig sein.

Die Hoffnung

Neben all den für meine Auffassung nicht zufriedenstellenden Fotografien, die teilweise aussahen, als seien es Probeabzüge zur Festlegung von Dichte und Farbe oder in ihrer Anmutung wirkten wie von Kindergartenkindern erstellte Fotogramme, gab es auch Arbeiten, die eine wirkliche Auseinandersetzung mit der Thematik verfolgten. Hervorzuheben waren hier die Arbeiten von Ines Baldissera, Paula Hildebrand, Alexander Irmer, Roya Noorinezhad und Mercedes Wagner,

Paula Hildebrand widmete sich mit ihrer Arbeit „Spielräume“ den Spielgelegenheiten für Kinder in unseren Städten. Mit einem guten Konzept, einer vergleichenden Bildsprache und durch hohen Arbeitseinsatz sehr umfangreichen Sujetbewältigung wurde hier eine Bachelorarbeit vorgelegt, die vorrangig überaus positiv wirkte, einzig durch die reine Präsentation in Form eines Buches minimale Abstriche bei mir hervorrief. Eine zusätzliche Ausstellung in Form einer Hängung hätte die Arbeit noch bereichert – eine Bachelorarbeit mit der Qualität eines Masters.

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Roya Noorinezhads Arbeit über die bildnerische Tiefe trägt den Titel „Transformation“ und stellt die Auseinandersetzung mit Raum- und Oberflächendarstellung dar. Hier wurde, zwar mit einer nicht sehr umfangreichen, aber dafür bis ins Detail gehenden Arbeit das Ziel optimal erreicht. Selbst die Hängung (im obigen Bild zu erkennen) trägt zum Gesamtkontext bei. Eine Masterarbeit, die den Namen auch verdient.

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Ines Baldissera legt mit ihrer Arbeit „The Future is not Female“ auch einen Beitrag zu einem gesellschaftlich relevanten Thema vor. In der Bildsprache spürt man die Auseinandersetzung, erkennt sofort eine Sichtweise, die die Relevanz dieser Thematik in den Augen der Fotografin deutlich macht. Diese Authentizität überträgt sich auf den Betrachter und ist von hohem Stellenwert. Einzig die Präsentation wird der Thematik nicht gerecht. Auch hier eine über das Bachelormaß hinausgehende Arbeit.

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Alexander Irmer setzt sich in seiner Arbeit „Einblicke“ mit Szenen aus privaten Wohnräumen auseinander. Mit seinen Fotografien geht Irmer über die reine fotografische Bildsprache hinaus und bedient sich der Filmsprache im Sinne einer subjektiven Kamera. Mit einer Wirkung von Filmstills entführt er uns in Lebensbereiche von Menschen, die scheinbar mit ihren Augen Ausschnitte ihres Wohnumfelds fixieren, uns aber gleichzeitig zum Voyeur werden lassen. Dies bietet dem Betrachter die Möglichkeit, entdeckte Gegenstände zu Geschichten werden zu lassen, die dann durch den Betrachter weitererzählt werden können. Wenn Fotografien es schaffen, den Betrachter auf diese Weise zu erreichen, dann ist ihnen ein sehr hoher Stellenwert einzuräumen. Ebenfalls eine Bachelorarbeit in Masterqualität.

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Mercedes Wagner hinterfragt in ihrer Arbeit „Exexoartefakt“ die Repräsentationsfunkton von Objekten und Fotografie. Es fiel mir nicht so leicht, in die Aussage der Fotografin einzutauchen. Nachdem dies jedoch gelungen war, formte sich die Installation zu einer Arbeit, die mich als Betrachter auf eine Vergleichsebene von zeitlich unterschiedlichen Ursprüngen hob. Die Installation, ich nenne sie konzeptionelle Hängung, zeigt sehr deutlich das Feingefühl der Fotografin für Gestaltung. Trotz freier Positionierung der Fotografien auf den Ausstellungsflächen wird eine gleichmäßige Gewichtung erzielt.

Resümee

Das Finale hat einige sehr gute Arbeiten hervorgebracht. Viele, jedoch nicht alle der nicht persönlich genannten Arbeiten entsprachen meiner Ansicht nach den oben erwähnten Eigenschaften. Ob dieses Ergebnis von den Lernenden, den Lehrenden oder den Lernumständen abhängig ist, kann ich nicht beurteilen, sehe aber einen Erneuerungsbedarf im Fachbereichskonzept. Möge der Ruf, den Folkwang innehatte, bewahrt bleiben. Im Zusammenhang einer nicht vordergründig relevanten handwerklichen Qualität vieler nicht genannter Arbeiten würde ich forsch formulieren: „Wenn Picasso nicht auch im klassischen Sinn hätte malen können, würde ihn heute wohl kaum noch jemand auch für seine großen modernen Arbeiten kennen.“

 

 

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