Belichtungsmessung im Studio unterscheidet sich gravierend von der Belichtungsmessung in der freien Natur. In allen Lehrbüchern zur Fotografie finden Sie im Hinblick auf die Belichtungsmessung im Außenbereich den Hinweis auf eine Ersatzmessung an dem Ort, an dem Sie sich aufhalten, wenn dort das gleiche Licht vorherrscht wie bei Ihrem Motiv. Das heißt, wenn das Motiv in der Sonne liegt und um Sie herum haben Sie auch Sonnenlicht, dann müssen Sie nicht zum Motiv laufen, um eine Messung durchzuführen (das ist manchmal auch gar nicht möglich), Sie können die Messung auch an ihrem Standort durchführen.
Die Physik macht’s möglich
Hier kommen die Auswirkungen des Lichtabstandgesetzes, das auch reziprokes Quadratgesetzt genannt wird, zum Tragen. Dieses Gesetz besagt, dass sich Licht mit Veränderung des Abstands in der Intensität so verändert, dass dies dem Kehrwert des Abstandes zum Quadrat entspricht. Das Licht fällt also quadratisch mit dem Abstand ab und nicht, wie man vielleicht vermuten könnte, linear. Die Formel dazu lautet:
Wenn Sie die Formel nun auf zwei Lampen in unterschiedlichen Abständen beziehen, sieht sie folgendermaßen aus:
Und wenn Sie diese Formel dann dahingehend auflösen, dass Sie ein fotografisch praktikables Ergebnis erhalten, dann sieht sie so aus:
In der Praxis heißt das, dass die Intensität des Lichts bei Verdoppelung des Abstands auf 1/4 herabsinkt, bei Verdreifachung nur noch 1/9 der Helligkeit erreicht usw. Wenn Sie das Gesagte nun auf die Sonne und die Erde beziehen, ergeben sich folgende Voraussetzungen. Die Zahlenwerte, die ich hier verwende sind alle gerundet, was aber auf die Lichtsituation auf der Erde keinen Einfluss hat.
Der Abstand von der Sonne zur Erde ändert sich durch ihre elliptische Bahn. Er beträgt im Mittel ca. 150.000.000 km. Diese Situation ist im obigen Beitragsbild skizziert. Im Bild stimmen die Größenverhältnisse von Sonne zur Erde nicht, denn die Sonne ist im Durchmesser ca. 110 mal so groß wie die Erde. Aber auch dies ist für diesen Beitrag ohne Belang. Der Äquatorialdurchmesser der Erde beträgt ca. 12.800 km. Vom Äquator bis zum Pol sind das in der Tiefe von der Sonne aus betrachtet 6.400 km, wie Sie in der folgenden Skizze sehen können:
Wenn Sie diese Ausgangslage auf die fotografische Praxis übertragen, dann entspräche das z.B. bei einem Leuchtenabstand von 1,5 m einer entsprechenden Beleuchtungstiefe von 0,00006400 m. Das sind 1,5 m zu 0,064 mm. Die Schwankungen in der Tiefe bei Handhaltung eines Belichtungsmessers sind auf jeden Fall höher als die gerundeten 1/600 mm. Da der Lichtabfall also so minimal ist, können Sie getrost in jeder Entfernung auf der Erde bei gleichen Lichtverhältnissen eine Ersatzmessung durchführen und mit der dritten Formel können Sie den Lichtabfall berechnen, wenn Sie Kunstlicht einsetzen.